Städtische Räume für mehr als nur menschliche Gemeinschaften: kollaborative Prozesse, Design-ansätze und hybride Anwendungen
Die Biodiversität in Städten ist mit zahlreichen Vorteilen verbunden, von der Anpassung an den Klimawandel bis hin zum sozialen Wohlergehen. Diese Aspekte wurden bereits umfassend untersucht, doch bei der Gestaltung öffentlicher Räume wird die Biodiversität oft rein quantitativ berücksichtigt: wie viel Grünfläche, wie viele Bäume, wie viele verschiedene Arten. Dieses Doktorandenprojekt, das am Politecnico di Milano DAStU und an der ETH Zürich NEWROPE-Professur für Architektur und Urbane Transformation durchgeführt wird, untersucht statt dessen die qualitativen Dimensionen der Biodiversität – bzw. wie sie den Charakter städtischer Orte beeinflusst und wie sie mit dem sozialen und kulturellen Leben verflochten ist.
Die Dissertation konzentriert sich auf eine bestimmte Art der urbanen Transformation: Orte der Naturkultur. Dabei handelt es sich um Standorte, die oft jahrzehntelang geschlossen oder aufgegeben waren und nun als gemeinschaftlich verwaltete Umgebungen auf öffentlichem Grund wiederbelebt werden. Sie unterscheiden sich von herkömmlichen, von Institutionen verwalteten öffentlichen Räumen, da ihre Verwaltung auf selbstorganisierten Gruppen beruht, die die Verantwortung für die Instandhaltung, Pflege und Programmgestaltung übernehmen. Sie sind weder Parks oder Gärten noch ausschliesslich Kulturstätten oder ökologische Labore. Es handelt sich um hybride Räume, in denen Biodiversität, kulturelle Produktion und Gemeinschaftspraktiken untrennbar miteinander verbunden sind.
Um diese hybriden Räume zu studieren, wurden umfangreiche Feldforschungen aus erster Hand auf der Basis von fünf europäischen Fällen durchgeführt: Floating University (Berlin), De Ceuvel (Amsterdam), ASIAT Park (Vilvoorde), Krater (Ljubljana) und Stadionbrache Hardturm (Zürich). Die Forschung kombinierte die Teilnahme an alltäglichen Aktivitäten – wie Gartenarbeit, Instandhaltung oder Veranstaltungen – mit Diskussionen und Workshops, an denen Praktikerinnen, Aktivisten und lokale Gruppierungen beteiligt waren. Dieser Ansatz deckte die Rhythmen, Verhandlungen und hybriden Praktiken auf, durch die diese Räume kontinuierlich umgestaltet werden.
Das konventionelle architektonische Vokabular kann aber ihren sich stetig wandelnden Charakter nur schwer erfassen. Deshalb geht das Projekt von vier bekannten Begriffen aus – Prozess, Raum, Gemeinschaft und Programm – und gestaltet sie zu offeneren und relationalen Begriffen um: Dialog, Lebensraum, Netzwerk und Rituale. Diese Verlagerung ermöglicht es, die Orte genauer zu beschreiben und gleichzeitig die Präsenz nicht-menschlicher Akteur:innen und die Bedeutung kontinuierlicher und kollektiver Praktiken anzuerkennen.
Das Ziel besteht nicht nur darin, diese Orte zu untersuchen, sondern auch von ihnen zu lernen. Durch die Identifizierung übertragbarer Entwurfsstrategien soll im Rahmen des Doktorandenprojekts die Rolle des architektonischen Entwurfs bei der Gestaltung urbaner Räume, in denen sich Biodiversität und gemeinschaftliches Leben gegenseitig verstärken, aus neuen Blickpunkten diskutiert werden.
Beteiligte
- Michele Porcelluzzi
- Prof. Freek Persyn (NEWROPE)
- Dr. Seppe De Blust (NEWROPE)
Weitere Beteiligte
Finanzierung
- NextGenerationEU
- Swiss Government Excellence Scholarship (Schweizer Bundes-Exzellenz-Stipendium) 2025 – 2026
Projektlaufzeit
January 2023 – July 2026



