Seit Juni 2006 arbeitet ein Projektteam des ETH Studio Basel für den Thurgau Think Tank, eine Stiftung mit privater und öffentlicher Beteiligung, an konkreten Plänen für die «stillen Zonen» im Kanton Thurgau. Diese Forschungstätigkeit versteht sich als Fortsetzung einer Studie über die Schweiz, die 2005 in die Veröffentlichung von «Die Schweiz – ein städtebauliches Portrait» mündete.

In einer ersten Phase wurden die im Kanton Thurgau anzutreffenden städtebaulichen Typologien anhand der Definition im Buch über die Schweiz als ganze gründlich und nach vorgegebenen Kriterien untersucht. Daraus ergab sich ein genauer spezifiziertes und teilweise überarbeitetes Muster der aktuellen Urbanisierungsformen im Thurgau. Besonders überraschend an diesem Bild ist das Phänomen einer «zentrifugalen» Konstellation: Da es der Region an einem echten städtischen Zentrum fehlt, sind die urbanen Netzwerke des Kantons Thurgau in Richtung der grossstädtischen Region Zürich, des urbanen Netzwerks St. Gallen-Gossau-Will und auf Konstanz hin nach aussen gerichtet. In allen diesen Regionen, in denen einander die Kräfte dieser Konstellation mehr oder weniger neutralisieren, befinden sich die stillen Zonen des Kantons Thurgau. Sie sind als Grenzbereiche zwischen den grossstädtischen und urbanisierten Mustern von eminenter Bedeutung. Ja, sie sind sozusagen der Zement, der die Thurgauer Identität zusammenhält. Diese Identität basiert wesentlich auf der ländlichen Struktur und landwirtschaftlichen Produktion, die jedoch mangels Profitabilität zunehmend unter Druck gerät. Deshalb sollten in der zweiten Projektphase die Potenziale definiert werden, die ein Ausbrechen der stillen Zonen aus der aktuellen Logik des Protektionismus und der Verhinderung, die diese Regionen charakterisieren, erlauben.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass in diesen stillen Zonen durchaus unterschiedliche Konfigurationen Platz finden, wurden für zwei konkrete Standorte Projekte entwickelt, um auch alternative Entwicklungsszenarien anzubieten. Das Projekt umfasst einen Kultur- und Landschaftspark auf dem Seerücken zwischen dem Thurtal und dem Bodensee sowie einen Parkway als Alternative zur Autobahn T14 zwischen Weinfelden und Romanshorn. Beide Pläne beruhen auf der Annahme, dass die Landschaft das bedeutendste Potenzial für die stillen Zonen bietet. Trotzdem gehen sie in ganz unterschiedlicher Weise damit um. Ausgangspunkt sind die Bedingungen, spezifischen Merkmale und Qualitäten der jeweiligen Orte. Im Fall des Kultur- und Landschaftsparks handelt es sich um eine Kulturlandschaft, die nach wie vor «intakt» ist und unter keinen äusseren Einflüssen zu stehen scheint. Mit den neuen Plänen soll die Landschaft bewahrt werden, indem ihr – form- und namensgebend – eine neue und zusätzliche Nutzung übergestülpt wird.

Der Parkway wurde unter anderen Prämissen eingeführt. Er verbindet zwei unterschiedliche Teile des Kantons und aktiviert ein Gebiet im Zentrum der stillen Zone, das bereits urbanisiert wurde und für eine zukünftige Entwicklung (eine Ansiedlung) hervorragend geeignet scheint. Zusätzlich soll der Parkway landschaftliche und dramaturgische Aspekte anregen, die in die aktuellen Pläne für die Autobahn einfliessen müssen: Eine Strasse ist tatsächlich mehr als ein technisches Problem, sie bringt auch planerische Herausforderungen mit sich und kann als «Wahrnehmungsmaschine» einen Mehrwert schaffen. Kulturlandschaft und Parkway sind letztlich Elemente ein und desselben grösseren Bildes: Bewahrung und Entwicklung beschreiben so eine duale Figur. Während eine Region in der stillen Zone Entwicklung ermöglicht oder sogar erzwingt, ist die andere sozusagen «energieentleert» und erlaubt uns die Bewahrung und Freihaltung der Landschaft.

Leitung

Think Tank Thurgau

Participants

Mathias Gunz
Christian Mueller Inderbitzin

Status

Abgeschlossenes Projekt