Seventeenth century Ottoman velvet brocade featuring fan-like carnations with a fill of tulips, roses, and hyacinths. Photographs: Lara Mehling, Courtesy of Museum of Fine Arts, Boston.

Prof. em Christophe Girot | Landschaftsarchitektur

Türkischrot: dekorative osmanische Kunst an der Wurzel des «Parterre de Fleurs»

Dieses Dissertationsprojekt verfolgt die transregionale und transmaterielle Reise der quatre fleurs, der vier beliebtesten Blumen des osmanischen Kunstgewerbes – der Tulpe, Rose, Nelke und der Hyazinthe – auf ihrem Weg von den wilden Wüstenlandschaften Zentralasiens zu den ornamentalen Blumenparterres europäischer Barockgärten. Das Projekt geht davon aus, dass bis zum Aufkommen eines grossen globalisierten Markts für Luxusgüter im 18. Jahrhundert dekorative Blumenmuster noch immer nicht nur lokale Traditionen im Kunsthandwerk, sondern auch das botanische Erbe der Region widerspiegelten. So führten parallele Entwicklungen im Gartenbau und der visuellen Kultur am osmanischen Hof des 16. Jahrhunderts zu einem neuen floralen Stil, der die einzigartige geographische Konvergenz von Ästhetik und Flora des grossen Reiches widerspiegelte. Durch eine Untersuchung sowohl des Anbaus als auch der gewobenen Darstellung von Tulpe, Rose, Nelke und Hyazinthe entlang dieser Reise in den Westen legt die Dissertation nahe, dass das parterre de fleurs in Frankreich seine Wurzeln in der dekorativen Kunst des Osmanischen Reichs hat.

Zusammenfassung

Den Garten selbst als eine der dekorativen Künste zu verstehen, eröffnet ein reiches Vokabular mit dem man die osmanische Landschaftsvision lesen kann. Garten mögen an Ort verwurzelt sein – gebunden an die Umweltsaspekte eines speziellen Orts – aber sie entstehen auch aus einer Designkultur heraus, die auf die Übertragung einer Vielzahl von tragbaren Elementen wie Samen und Pflanzen sowie auf Gärtner und Designer aufbaut. Blumenzwiebeln wurden eingepflanzt und Handwerker umgesiedelt – und florale Muster gediehen, indem sie die Besitzer wechselten. Mit anderen Worten: Sie wurden von einem Material auf ein anderes übertragen. Gleichermassen «beschränkt» durch eine begrenzte Fläche, ist ein Garten dennoch einzigartig, da er aus lebendigem Material besteht, das den wechselnden Jahreszeiten, dem Gartenunterhalt und der jeweiligen Perspektive unterliegt. Ein sich verändernder Vorder- und Hintergrund ahmt die geschickte Verschachtelung osmanischer Oberflächenmuster nach, so wie das Fokussieren auf ein Farbfeld detailliertere Formen, Gestalten und möglicherweise einen angenehmen Duft, oder eine Empfindung preisgibt.

Islamische und europäische Gärten wurden zwar in ihren eigenen Kontexten ausführlich untersucht, sogar aus einer historischen Perspektive, aber nur selten im Dialog mit umliegenden Gärten studiert. Das Projekt will eine einheitliche Geschichte auf der Grundlage eines interdisziplinären Ansatzes erzählen – der Gartendesign und die dekorativen Künste umfasst – und einen kulturübergreifenden Blick auf das Osmanische Reich als kulturelles und geographisches Nadelöhr zwischen Persien und Europa richten. Unter Berücksichtigung des beträchtlichen Einflusses ausländischer Künstler, insbesondere der Perser, auf die lokalen Stile, konzentriert sich die Studie auf die Rolle der Osmanen bei der Synthese eines grossen stilistischen und gärtnerischen Erbes aus Zentral- und Westasien zu einem neuen und frühmodernen floralen Stil für den westlichen Konsum während der letzten Periode der grossen botanischen Entdeckungen. Der Zeitrahmen wird somit durch die produktive Ära des floralen Transfers im Gartenbau und der visuellen Kultur in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts definiert, von der Einführung des neuen dekorativen Stils der quatre fleurs am osmanischen Hof um 1550 und der fast gleichzeitigen Ankunft der ersten Tulpe in Westeuropa bis zur ersten Einführung westasiatischer Flora in die Gärten der Spätrenaissance und aufkommenden barocken Blumenparterres zu Ende des Jahrhunderts.

Kontakt

Doktorandin: Lara Mehling
Betreuer: Prof. Christophe Girot

Laufendes Projekt